Quelle: Norderstedter Zeitung, 29.08.2013
Autor: Helge Buttgereit
Der Labrador Retriever ist der Star bei den Schülern der Klasse 5a an der Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule
Auch wenn Dean schläft, steht er im Mittelpunkt. Das liegt nicht nur daran, dass der Schulhund der Klasse 5a an der Willy-Brandt-Schule in der Mitte des Stuhlkreises liegt. Sondern auch an den Geräuschen, die er von sich gibt. Dean quietscht und jault, offenbar träumt er. Wenn er dabei besonders laut wird, lockert das die Stimmung der Schüler, die zum Klassenrat zusammensitzen.
Auch die Diskussion über das Verhalten im Unterricht wird dann einfacher. Die Kinder sprechen darüber, dass einige von ihnen in manchen Stunden zu laut sind. Dann klatschen ein paar in die Hände, um zu demonstrieren, wie sie von einer Lehrerin zur Ruhe gerufen werden. Das ist das Signal für Dean. Er springt aus dem Schlaf auf und sucht denjenigen, der geklatscht hat. Aber er schaut etwas verwirrt im Kreis herum: Es waren zu viele. Angelika Nielsen, die in der 5a Weltkunde und Kunst unterrichtet, erklärt, warum der braune Labrador Retriever so reagiert. Sie habe ihn an das Klatschen gewöhnt, damit sie abends nicht laut nach ihm rufen muss und gegebenenfalls die ganze Nachbarschaft aufweckt.
Dean lebt seit zwei Jahren bei Angelika Nielsen und kommt seit Anfang des Schuljahrs viermal in der Woche in die 5a der Gemeinschaftsschule am Lütjenmoor. Vorausgegangen sind Aus- und Fortbildungen von Hund und Lehrerin Nielsen. Die Idee zum Schulhund kam ihr durch einen Zufall: Ich habe Dean in den Unterricht eingeschmuggelt. Ihre Hundesitterin hatte keine Zeit, und so nahm sie das Tier mit in den Kunstraum.
„Ich hatte ihn in einem Raum angebunden und die Tür offen gelassen“, sagt die Pädagogin. Die zehnte Klasse die sie zu unterrichten hatte, war ansonsten laut, mit Hund im Nachbarraum jedoch nicht. Die Stimmung war total friedlich, erinnert sich Nielsen. Nach dem Erlebnis machte sie sich auf die Suche, fand Kollegen, die ebenfalls Hunde im Unterricht einsetzen und führte Gespräche im Kollegium ihrer Schule. Der stellvertretende Schulleiter Andreas Weßling, der die Schule derzeit kommissarisch leitet, unterstützte den Plan. „Ich meine, dass der Hund bei uns an der Schule positive Effekte hat“, sagt er. Er habe es selbst erlebt. Wichtig sei, dass es eine Ausstiegsklausel gibt. „Wenn etwas schief gehen sollte, können wir das Projekt sofort stoppen.“
Davon gehen aber weder Weßling noch Nielsen aus. Und auch die Eltern sind optimistisch. 80 Prozent der Eltern der jetzigen Fünftklässler wollten unbedingt, dass ihr Kind in die Schulhundklasse kommt, berichtet Nielsen. Und die Kinder selbst sind nach den ersten Erfahrungen mit Dean auch begeistert. „Ich hatte vorher Angst vor Hunden, aber als ich gehört habe, dass in meine Klasse der Hund kommt, da habe ich mich gefreut“, sagt ein Schüler. Im Unterricht schläft er meist, ergänzt eine Klassenkameradin. Und eine andere weist auf eine Lektion hin, die sie von Anfang an gelernt haben: Ranzen zu. Denn: In seiner Begrüßungsrunde läuft der Hund durch die ganze Klasse und schnuppert an jedem Schulranzen, ob etwas leckeres drin ist.
Pausenbrote soll Dean nicht fressen, auch kein Katzenfutter. Das gibt es zwar nicht in der Schule, aber in der Nachbarschaft von Angelika Nielsen. Wenn Dean sich dort bedient, hat das zuweilen unangenehme Folgen, haben die Kinder festgestellt. Er stinkt manchmal ganz schön, berichtet eine Schülerin. Streicheln wollen sie ihn dennoch alle. Für die Kinder ist das ein tolles Entspannungsprogramm, sagt Nielsen. Wenn sie eine Aufgabe fertig haben und den Hund streicheln dürfen, sei das gut für sie, besonders auch für pubertierende Jungs, die ihre Gefühle dann nicht mehr unbedingt mit der Faust zeigen müssten. Hunde seien cool, gerade so große wie Dean.
Da eine Kollegin eine starke Allergie gegen Hunde hat, darf Dean nur durch einen Nebeneingang in die Klasse oder den Kunstraum und muss nach dem Unterricht das Gebäude verlassen. Eine Stunde ist sehr anstrengend für ihn, in der zweiten schläft er meistens, sagt Nielsen. Sie erwartet, dass die dreitägige Kennenlernfahrt mit den Schülern, dem zweiten Klassenlehrer und Dean kein Problem wird. Und für die Klassenfahrt in zwei Jahren hat sich die 60-Jährige auch schon erkundigt. Das ist schwierig, in Jugendherbergen sind Hunde oft verboten. Aber Malente habe bereits signalisiert, dass Dean möglicherweise willkommen sei. Keine Frage: Nielsen geht davon aus, dass die Ausstiegsoption nicht in Betracht kommt.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]