Quelle: Norderstedter Zeitung Nr. 15 vom 06.07.1999, Seite 3
Die ersten Abiturienten der Gesamtschule üben Kritik
Norderstedt – Sie haben es geschafft, das Abitur. Sie und nicht ihre Schule. Das stellen die sieben Abiturienten, die als erste das höchste Reifezeugnis der Integrierten Gesamtschule am Lütjenmoor erhielten, unmißverständlich klar. Sie sind es leid, als Aushängeschild für Schule und Kollegium zu laufen. Deshalb kam ihnen auch die Journalistin der Norderstedter Zeitung nicht recht, die plötzlich auf der Wiese vor Henstedt-Ulzburg stand, um das Abheben des ersten IGS-Abiturjahrgangs in Heißluftballons zu fotografieren. Die Schulleitung hatte die Zeitung über den Höhenflug informiert.
„Jetzt macht uns die Schule auch noch zu Vorzeige-Abiturienten, das wollen wir einfach nicht“, erklärten die Sieben. „Rund 100 Schüler und gerade mal acht Lehrer waren es, die mit uns im Sommer 1990 diese Schule gegründet haben“, erinnerte sich der Abi-Jahrgang in einer Abschlußrede vor Lehrer-Kollegium, Eltern und Mitschülern. Die Abschlußrede wurde in der neuen Aula gehalten, doch die letzten Stunden an der IGS wollten sie selbst gestalten. Sie zogen aus, zurück in ihren Container, in dem sie nach dem Gastspiel am Coppernicus-Gymnasium Unterricht erhielten.
Mit denen auch, mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern vom „Copp“, wollten sie gemeinsam das Reifezeugnis erhalten. Doch diese Selbstgestaltung eines immerhin einschneidenden Lebensabschnitts ließen die Schulleiter Bernd Gruhl (IGS) und Wolfgang Fuhrmann (Copp) nicht zu: jeder Schulart die eigene Abiturfeier. Diese Entscheidung brachte die aufrechten Sieben erst recht in Rage. Hier zwei Auszüge aus ihrer süffisant-ironischen Abschlußrede.
„Ein bißchen stolz sind wir schon, zu den wenigen Weitsichtigen zu gehören, denen immer die wahren Qualitäten dieser Schule gegenwärtig waren, wie sehr sie sich auch bemüht haben mag, diese zu verstecken.“ Oder: „Eher bauten sich die Stolpersteine zu Gebirgsketten auf. Schon die Suche nach einem geeigneten Schulleiter gestaltete sich als schwierig. Da war einer, der gerne wollte, aber nicht sollte. Einer, der sollte, aber dann doch nicht wollte, und eine, die wollte und sollte, aber dann doch irgendwie nicht konnte. Schließlich bekamen wir einen, der wollte und sollte, es zwar nicht konnte, aber komischerweise immer noch macht.“
Mit Eltern, Lehrern und Sponsoren von der Zeitarbeitsfirma „Take Off“ hob der erste Abiturjahrgang der Integrierten Gesamtschule nach schweren Schuljahren ab in den Himmel.